Mittwoch, April 24, 2024

Flutopfer freuen sich über viel Solidarität

Blomberg/Mossenberg-Wöhren (miw). Es sind Stunden der Angst – Todesangst – als die Wassermassen ihr Haus durchfluten.

»Wir wussten nicht, ob das Haus der Flut standhält«, erzählt Bernd Bleßmann aus Ahrweiler von jener schicksalhaften Nacht im Juli vergangenen Jahres.

Gemeinsam mit seiner Frau Dagmar und seinem Sohn Ben (17) flüchtet er unter das Dach ihres Eigenheimes. Sie fürchten um ihr Leben. Die Familie bleibt unbeschadet. Doch wie viele andere Menschen im Ahrtal verliert Familie Bleßmann ihr Zuhause durch die Flutkatastrophe.

Das Haus ist inzwischen entkernt und wird saniert. »Möglich ist dies nur durch die große Spenden- und Hilfsbereitschaft«, freut sich der 51-jährige Hausherr über die Solidarität so vieler Menschen.

1.000 Euro erreichten die Bleßmanns auch aus Mossenberg-Wöhren. »Die Bilder in den Medien haben einen nicht mehr losgelassen«, erzählt Ortsvorsteher Wilhelm Schnittcher. Für ihn und weitere Dorfbewohner sei schnell klar gewesen, helfen zu wollen. Der Heimatverein und die Dorfgemeinschaft spendeten jeweils 500 Euro.

Schnittcher erkundigte sich im Internet nach einer Hilfsorganisation und stieß auf das Spendenprojekt von Jörg Burghardt – das »5-Euro-Haus«. Die Idee dahinter: Menschen schließen einen Dauerauftrag ab und spenden fünf Euro im Monat – eine Summe, die für den Spender selbst kaum spürbar ist, auf dem Konto der Betroffenen aber Großes bewirkt.

Für Jörg Burghardt, der 60 Kilometer östlich von Stuttgart lebt, war nach der Katastrophe klar, Hilfe zu leisten. Der 55-jährige Zauberkünstler, der im Jahr 2020 erfolgreich beim »RTL-Supertalent« teilgenommen hatte, fand eine Familie, die er unterstützen wollte. Als er hörte, dass sie 500 Euro im Monat für Handwerkerkosten benötige, lag die Lösung auf der Hand: »Ich suche 100 Leute, die fünf Euro im Monat spenden.«

Seine Idee sei auf sehr positive Resonanz gestoßen, erzählt er im Gespräch mit der Lippischen Landes-Zeitung: »Eine unfassbare Erfolgswelle, die man mit Worten nicht beschreiben kann.« In nur drei Tagen erreichte er sein Ziel. Schnell fanden sich immer mehr Menschen, die helfen wollten. Inzwischen werden auf diese Weise rund 50 Familien unterstützt. Jede von ihnen hat einen Paten, der für sie ein Netzwerk von Spendern aufbaut.

Peggy Onika kümmert sich um Familie Bleßmann. Rund 50 Fünf-Euro-Patenschaften und 7.000 Euro an Einmalspenden konnte sie akquirieren. Geld, das der Familie, die ihr Hab und Gut verloren hat, dabei hilft, ihr Haus wieder aufzubauen.

Das Schicksal der Familie Bleßmann bewegt Peggy Onika sehr. Drei Wochen vor der Flutkatastrophe erhielt Dagmar Bleßmann (54) die Diagnose Krebs. Inzwischen hat sie die Chemotherapie überstanden. Nach einer Operation Anfang des Jahres fühlt sie sich noch geschwächt. Aktuell lebt die Familie in einer Mietwohnung. »Das ist eine große finanzielle Doppelbelastung, das Haus war noch nicht abbezahlt«, berichtet Onika, die weiter unermüdlich und mit sehr viel Herzblut nach weiteren Unterstützern sucht.

Über die Fortschritte im Haus hält sie alle Spender regelmäßig mit Fotos und Berichten auf dem Laufenden. Das freut auch die Dorfbewohner aus Mossenberg-Wöhren. »Man sieht, dass das Geld ankommt«, so Schnittcher.

Wilhelm Schnittcher (von links), Ortsvorsteher von Mossenberg-Wöhren, ist im Internet auf das Hilfsprojekt »5-Euro Haus« gestoßen. Auch Cord Bornemeier, Vorsitzender des Heimatvereins, und Frank Düwelhenke, zweiter Vorsitzender der Dorfgemeinschaft, waren von dem Projekt sofort überzeugt. Foto: Michaela Weiße