Montag, April 22, 2024

Kinder beschäftigt der Krieg


Auch Kinder bekommen mit, was gerade passiert. »Das kann Ängste und Sorgen auslösen«, weiß Holger Nickel, Bereichsleiter der Blomberger Einrichtung »Beratung und Treffpunkt« des SOS-Kinderdorfes Lippe.

Bei Kindern im Kindergartenalter sei es sinnvoll, zunächst abzuwarten, ob sie das Thema bereits beschäftigt und sie von allein Fragen dazu stellen. »Ist dies der Fall, dann sollte man es ihnen kindgerecht erklären«, sagt Soujon. Das Thema Streit sei für Kinder nicht unbekannt. Auf diese Weise könne man ihnen das Thema Krieg vermitteln, führt die Sozialpädagogin weiter aus.

Grundschulkinder bekommen oft schon sehr viel mehr von den Ereignissen mit. Bei ihnen sollten Eltern aktiver sein und gezielt nachfragen, ob sie etwas von dem Krieg wissen, raten die Experten. Zudem sei es wichtig, auf ihre Fragen einzugehen. Dabei gehe es nicht darum, alles bis ins Detail zu erklären. »Den Kindern reicht es, wenn man sie ernst nimmt«, so Nickel. Bei einigen Jugendlichen lösten solche Krisen oft Zukunftsängste aus. Dies habe bereits die Corona-Pandemie gezeigt. Jugendliche mit depressiven Symptomen und Sinn-Fragen suchten vermehrt die Beratungsstelle auf, berichtet der Bereichsleiter.

»Schutz geben«, lautet ein weiterer Ratschlag der Sozialpädagogin. Die Botschaft ans Kind könne lauten: »Egal was passiert, wir halten zusammen. Ich passe auf dich auf.« Ebenso sollte das Kind vor zu vielen Eindrücken geschützt werden, betont Soujon. Nicht alle Informationen seien für Kinder bestimmt. Besonders belastend seien grausame Bilder. Deshalb sollten Eltern unbedingt darauf achten, was die Kinder im Fernsehen schauen. Eignen würden sich kindgerechte Formate wie etwa »Logo«.

Auch für die Erwachsenen gelte, den Konsum der Kriegsbilder einzuschränken. »Das hat nichts mit Verdrängung zu tun, sondern mit Steuerung«, erklärt Nickel. Der Krieg sei ein Teil der Realität, jedoch sei es nicht gesund, seine Gedanken ausschließlich darauf zu richten. Die Aufmerksamkeit müsse ebenso auf schöne Dinge gelenkt werden. »Auch um in seinem eigenen Leben handlungsfähig zu bleiben.« Familien sollten daher bewusst für schöne Momente sorgen.

Und auch wenn die Situation derzeit traurig ist: »Lachen und spielen Sie mit Ihren Kindern«, empfiehlt Soujon. Besonders wichtig sei es, gewohnte Rituale beizubehalten. »Das gibt den Kindern Sicherheit.« Außerdem könnten Familien gemeinsam überlegen, an welcher Stelle sie helfen können. »Wer hilft, ist nicht mehr ohnmächtig, sondern wird aktiv und kann die Situation positiv beeinflussen«, erklärt Holger Nickel.

Eltern sind ein Vorbild für ihre Kinder, daher sollten Vater und Mutter darauf achten, welche Atmosphäre sie zu Hause verbreiten und wie sie vor den Kindern über die aktuelle Situation sprechen, so die Berater. Auch für Erwachsene sei der Austausch über den Krieg wichtig, um Ängste und Sorgen zu verarbeiten. Jedoch sollten diese Gespräche mit Erwachsenen und nicht mit Kindern geführt werden. Die Eltern- und Kind-Ebene müsse eingehalten werden. Bei Unsicherheiten könne immer auch eine Beratungsstelle aufgesucht werden.

Nickel weist darauf hin, dass es im gesamten Kreis Lippe eine Reihe von Angeboten gibt. Informationen und Hilfestellung finden Familien im Internet unter www.padlet.com/schulpsychologielippe.

Für Holger Nickel, Bereichsleiter der Blomberger Einrichtung »Beratung und Treffpunkt« des SOS-Kinderdorfes Lippe, und seine Kollegin Andrea Soujon ist der Regenbogen ein Symbol der Zuversicht in dieser schweren Zeit. Foto: Michaela Weiße